Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen - Mitglied der Bürgerzunft 1503 Tiengen e.V.
Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen
Geschichte der Juden in Waldshut-Tiengen
1939-1945
1939 Nach dem Terror in der Reichspogromnacht begreifen die meisten
jüdischen Mitbürger/innen, dass die Hoffnung auf eine Normalisierung der Zustände
in Deutschland eine Illusion ist. Wer Gelegenheit dazu hat, emigriert ins Ausland.
Aber auch dort werden im 2. Weltkrieg viele wieder vom Naziterror eingeholt.
Vor der Ausreise werden die Emigranten gezwungen, ihr Hab und Gut zu
Spottpreisen zu verkaufen. Von dem kargen Erlös wird ihnen auch noch die
„Reichsfluchtsteuer“ abgezogen.
Trotzdem verlassen die meisten der verbliebenen Waldshut-Tiengener Juden ihre
Heimat. Zum Zeitpunkt der Deportationen nach Gurs im Oktober 1940 leben in
Tiengen nur noch fünf und in Waldshut noch zwei ältere jüdische Frauen, denen
eine Emigration nicht möglich war.
Die Zufluchtsorte der Emigranten verteilen sich nahezu um den gesamten Globus,
wie der neben stehenden Übersicht zu entnehmen ist.
20.10.1940 Deportation nach Gurs
Den „siegreichen“ Überfall auf Frankreich schließt das Deutsche Reich im Juni 1940
mit einem Waffenstillstand ab. Darin wird Frankreich in zwei Zonen aufgeteilt, in den
von Deutschland besetzten Nordwesten sowie den unbesetzten Südosten. Die
unbesetzte Zone wird von einer französischen Regierung von Vichy aus verwaltet,
die sich politisch als neutral deklariert.
Im Waffenstillstandsvertrag ist u.a. festgelegt, dass alle Juden aus dem besetzten
Teil Frankreichs in den unbesetzten Teil abgeschoben werden können.
Die beiden Gauleiter von Baden sowie der Saarpfalz (Rheinland-Pfalz und Saarland)
interpretieren diese Klausel äußerst großzügig und dehnen deren Gültigkeit
widerrechtlich auf die ihnen unterstellten deutschen Gebiete aus.
Am 22. Oktober 1940 werden 6504 Juden aus Baden und der Saarpfalz in einer
geheim gehaltenen Nacht- und Nebelaktion aufgefordert, jeweils einen Koffer mit
den nötigsten Utensilien zu packen und sich an Sammelplätzen einzufinden. Von
dort aus werden sie in Züge verladen und nach Südfrankreich deportiert.
Die Vichy-Regierung wird von dieser Aktion völlig überrascht und protestiert bei der
Reichsregierung, allerdings erfolglos. Die deportierten Juden werden in das
Internierungslager Gurs, unweit der spanischen Grenze, verbracht.
Da die Vichy-Regierung von der Deportation überrascht wird und völlig unvorbereitet
ist, ergeben sich im Lager schnell unhaltbare Zustände hinsichtlich Verpflegung,
Unterbringung und Hygiene. Viele Lagerinsassen sterben an den mangelhaften
Lebensbedingungen.
Im Folgejahr werden zahlreiche Lagerinsassen in deutsche Konzentrationslager
überführt, z.B. nach Auschwitz, und dort ermordet.
Aus Waldshut-Tiengen werden deportiert:
•
Amalie Bernheim, geb. Neuberger, überlebt
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Selina Bernheim, geb. Wurmser, stirbt im Januar 1941 in Gurs
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Tilly Wurmser, 1942 in Auschwitz ermordet
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Ida Guggenheim, geb. Guggenheim, 1942 in Auschwitz ermordet
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Sophie Schwartz, geb. Guggenheim, 1941 Flucht nach Südafrika
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Jenny Aufrichtig, überlebt
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Klara Aufrichtig, deportiert nach Auschwitz, seit 1943 vermisst
Mit der Deportation nach Gurs endet die 500-jährige Geschichte der Juden in
Waldshut-Tiengen.
Link zur Datenbank der nach Gurs deportierten Jüdinnen und Juden
Von Schülern erstellte Gurs-Mahnmale
in Tiengen in der Schwarzenbergstraße
und in Waldshut im Stadtgarten
Link zur Broschüre über die Deportation
der Badischen Juden nach Gurs,
herausgegeben von der Landeszentrale
für politische Bildung Baden-
Württemberg
Zufluchtsorte der emigrierten Juden aus
Waldshut Tiengen
Foto: Gebhard
Kaiser