Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen - Mitglied der Bürgerzunft 1503 Tiengen e.V.
Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen
Der jüdische Friedhof in Tiengen
Für die Juden sind ihre Friedhöfe ganz besondere Orte. Sie sind gleichzeitig heilige Orte
des Lebens und der unantastbaren Totenruhe. Hier ruhen die Verstorbenen bis zur
Auferweckung am Ende der Tage, hier dürfen sie ungestört auf die kommende Welt
warten.
Die Entstehung
Um 1760 wird das Gelände an der Feldbergstraße von der Jüdischen Gemeinde Tiengen
zur Totenbestattung gepachtet. Das Grundstück liegt damals etwa 1km außerhalb der
Stadtmauer. Bis zur Zerstörung in der Pogromnacht 1938 werden auf diesem Friedhof die
Juden aus Tiengen und Umgebung bestattet.
Die Zerstörung
In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wird der Friedhof von den
Nationalsozialisten geschändet und zerstört.
Die unbeschädigten Grabsteine werden an Steinmetze verkauft, die beschädigten zum
Bau einer Stützmauer im Seilerbergweg verwendet, die im Volksmund schon bald den
Namen „Schandmauer“ erhält.
Nur die drei ältesten Steine bleiben erhalten. Sie sind von Gestrüpp überwuchert und
werden deshalb übersehen.
Nach dem Krieg
In der Mitte des Geländes, damals nur noch eine Wiese, wird 1946 eine Gedenkstele
errichtet. Auf dieser sind die Namen der Verstorbenen aufgelistet, die nachweislich auf
diesem Friedhof begraben wurden. Die Zahl der tatsächlich Bestatten ist jedoch wesentlich
größer.
In Absprache mit der Jüdischen Gemeinde Basel und emigrierten Tiengener Juden
überführt die Jungkolpinggruppe im Jahr 2000 die Grabsteinfragmente der „Schandmauer“
zurück auf den Friedhof. Da die ursprünglichen Standorte der Grabsteine nicht mehr
rekonstruierbar sind, wird daraus ein Mahnmal an der Nordseite des Friedhofes errichtet.
Bei der feierlichen Wiedereröffnung des Friedhofes im Jahr 2000 hält Ministerpräsident
Erwin Teufel die Gedenkrede und Kurt Guggenheim aus New York spricht das Kaddisch
(Totengebet).
Friedhofsbesuch
Den Friedhof finden sie in Tiengen, Feldbergstraße 14.
Für den Zugang wird ein Schlüssel benötigt. Dieser ist erhältlich bei der Touristinfo
Waldshut (07751-833 200) und beim Bürgerbüro in Tiengen (07751-833 440).
Männer tragen beim Besuch eine Kopfbedeckung. Am Samstag, dem jüdischen Sabbat,
werden Friedhofsbesuche aus Respekt vor der Sabbatruhe unterlassen.
Auf dem Friedhof informieren vier große Tafeln über Geschichte, jüdische Friedhofs- und
Trauerkultur sowie über jüdische Grabsteine.
Weitere Informationen finden sich in unserem Flyer zum jüdischen Friedhof.
Die Schandmauer vom Seilerbergweg
Foto: Gebhard Kaiser
Das Mahnmal aus zerstörten
Grabsteinen
Bild: Jüd. Zimmer/Klettgaumuseum
Josef Guggenheim beim Gräberbesuch
um 1930
Bild: Jüd. Zimmer/Klettgaumuseum