Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen - Mitglied der Bürgerzunft 1503 Tiengen e.V.
Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen

Geschichte der Juden in Waldshut-Tiengen

im 19. Jahrhundert

1814 Den Tiengener Juden ist es erlaubt, ihre Kinder von einem jüdischen Lehrer unterrichten zu lassen. Da die jüdische Gemeinde keinen eigenen Lehrer bezahlen kann, wird sie aufgefordert, die Kinder in die katholische Volksschule zu schicken. 1825 Tiengen zählt insgesamt 974 Einwohner; davon sind 114 jüdisch (11,7%) 1827 Die jüdische Gemeinde eröffnet eine eigene „israelitische Schule“. Dazu kauft sie das zweistöckige Haus in der Turmgasse 5 (damals Judengasse) und stellt einen staatlich geprüften jüdischen Lehrer ein. Die Schulaufsicht liegt beim katholischen Pfarrer. Die Schule besteht bis 1876. Das Gebäude der jüdischen Schule brennt zu Beginn des Jahres 1915 ab, vermutlich verursacht durch einen in Brand geratenen Christbaum. Noch heute klafft am ehemaligen Standort eine Baulücke. 1842 Der Stadtrat vergibt die Konzession für eine „Israelitische Gastwirtschaft“. Diese besteht bis 1913 und führt den Namen „Blume“. In dem Gebäude, in der Hauptstraße 93, wird noch heute ein Restaurant betrieben. 1862 Das Großherzogtum Baden erlässt das „Emanzipationsgesetz“, mit dem die Juden die volle Gleichberechtigung erhalten. 1870/71 Am Feldzug gegen Frankreich nehmen auch drei jüdische Tiengener teil: Josef Guggenheim, Gustav Guggenheim und Seligmann Guggenheim. Dem Kriegerverein, der das sog. Löwendenkmal errichten lässt, gehören auch die jüdischen Mitbürger Gustav Guggenheim und Salomon Hirsch Bernheim an. Der Verein richtete damals die jährlichen Geburtstagsfeiern für Kaiser und Großherzog aus. 1876 In Baden werden alle Konfessionsschulen abgeschafft und die konfessionsübergreifende Volksschule eingeführt. Christliche und jüdische Kinder werden nun gemeinsam unterrichtet. 1879/80 Zehn Kinder aus Tiengen besuchen die Höhere Bürgerschule in Waldshut; fünf von ihnen kommen aus jüdischen Familien. 1885 Tiengen zählt insgesamt 2247 Einwohner; davon sind 233 jüdisch (10,4%) 1895 Jacob Picard (1883 - 1967) besucht seine Tiengener Großeltern Marx und Victoire Bernheim. Später hält er seine Eindrücke literarisch fest. 1900 Tiengen zählt insgesamt 2333 Einwohner; davon sind nur noch 106 jüdisch (4,5%). Nach dem Emanzipationsgesetz von 1862, das auch die frei Wohnortwahl beinhaltet, zieht es viele Juden in größere Städte, wie z.B. Freiburg.
Bild: Stadtarchiv Waldshut-Tiengen
Stadtplan von Tiengen 1842
Bild: Gebhard Kaiser, FJL
Das Löwendenkmal in Tiengen
Bild: Gebhard Kaiser, FJL
Ehemalige „Israelitische Gastwirtschaft Blume“ in der Hauptstraße 93